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Du bist was du trinkst

    Du bist was du trinkst 01

“Du bist was du trinkst” trifft es wohl noch besser als das bekannte Sprichwort: “Du bist, was du isst.” Trinken geht uns alle an, weil schlussendlich können wir wochenlang ohne jegliches Essen auskommen, ohne Trinken aber nur für zwei bis drei Tage. Es ranken sich auch viele Mythen rund um das richtige Trinkverhalten. Hier ein paar der wohl bekanntesten: “Zwei Liter Wasser täglich sind genug”, “Lieber weniger trinken, sonst muss ich häufiger auf die Toilette”, “Kaffee ist gesund”, “Ein Achtel Rotwein ist gut für unsere Gefäßgesundheit”.

 

In diesem Artikel soll der aktuelle Stand der Wissenschaft zu diesen Aussagen beleuchtet und Vorschläge gemacht werden, die im Alltag praktisch umgesetzt werden können.

 

Was, wieviel und wann?

Was die für uns Menschen bekannteste und sinnvollste Flüssigkeit ist, lässt sich mit einem kurzen Blick zurück in die menschliche Evolutionsgeschichte beantworten: Wasser! Und in weiterer Folge alle Flüssigkeiten, die auch fast vollständig aus Wasser bestehen, wie ungesüßter Tee, Wasser mit Minz- oder Zitronengeschmack oder auch Mineralwasser. Immer wieder diskutiert wird, ob Mineral mit oder ohne Kohlensäure gesünder ist. Grundsätzlich gibt es in der Wissenschaft dazu keine klare Meinung. Die Praxis zeigt, dass Mineralwasser mit Kohlensäure für viele eine willkommene Abwechslung ist. Wem die Kohlensäure verdauungstechnisch nicht gut bekommt, sollte sie einfach weglassen. Auch Kaffee, in Maßen, nicht in Massen und nicht zwingend täglich, mit einer bis drei Tassen pro Tag darf miteinberechnet werden. Festzuhalten ist, dass damit nicht der “Peppermint White Chocolate Mocha mit allen Extras” und über 500 kcal gemeint ist, sondern ein Kaffee, ideal schwarz oder eventuell mit ein wenig Zucker, Milch oder einem Pflanzendrink. Zusammengefasst ist die Basis der täglichen Flüssigkeitsmenge energielos (keine Kalorien) und besteht größtenteils aus Wasser.

 

Für die Trinkmenge pro Tag gibt es keinen absoluten Wert. Diese kann aber ganz einfach anhand des eigenen Körpergewichtes bestimmt werden. Pro Tag sollten ca. 30 – 40 ml pro kg Körpergewicht getrunken werden (Cheuvront et al., 2016). Festzuhalten ist, dass für das Körpergewicht das Normalgewicht (nach Broca-Index) herangezogen werden kann, das ist für einen Mann oder eine Frau mit einer Körpergröße von 1,80 m ca. 80 kg +/- 10 %.

 

Weiters ist zu erwähnen, dass eine gewisse Schwankungsbreite der Tagesmenge nach unten oder nach oben von etwa 10 – 20 % kein akutes oder langfristiges Risiko darstellt, soweit diese über den Wochenverlauf wieder ausgeglichen wird. Wobei direkte Leistungseinbußen schon eintreten können, vor allem wenn zu wenig getrunken wird. 300 – 800 ml können von der Tagestrinkmenge abgezogen werden, da diese durch die Verdauungsprozesse und Oxidationswasser im Darm gewonnen werden.

 

Je höher die Außentemperatur, desto mehr steigt der Bedarf, wobei es hier aufgrund der individuell sehr unterschiedlichen Schweißraten keine generelle Empfehlung gibt. Auch ist zu beachten, dass in dieser Menge jeglicher Flüssigkeitsbedarf beim Sport durch den Verlust über den Schweiß nicht gedeckt ist und noch on top konsumiert werden sollte. Mehr dazu später.

 

Das Timing im Tagesverlauf spielt bei der Basistrinkmenge eine untergeordnete Rolle. Morgens befindet sich der Körper in einem leicht dehydrierten Zustand, der möglichst schnell ausgeglichen werden sollte. 20 – 25 % des individuellen Tagesbedarfs gleich in der Früh in den ersten 30 – 60 Minuten nach dem Aufstehen zu trinken, ist der wohl einfachste und effektivste Quick Win. Dies hilft auch, dass viele Prozesse, auch das Durstgefühl, über den Tag optimal reguliert werden.

 

Kontrolle des Hydrationsstatus

Um regelmäßig zu kontrollieren, ob man ausreichend hydriert ist, gibt es nicht die eine Goldstandard Messung. Eine Kombination aus mehreren Methoden ergibt eine genauere Aussage über den täglichen Status. Grundsätzlich kann die errechnete Trinkmenge als Grundlage genutzt und diese an einzelnen Tagen kontrolliert werden. Dazu hilft ein Blick auf die Urinfarbe. Der erste Morgenurin ist häufig noch gelb bis dunkelgelb, was völlig normal ist. Danach sollte die Urinfarbe aber im Tagesverlauf nur noch blassgelb bis farblos/durchsichtig sein, ansonsten ist es ein Anzeichen für eine beginnende Dehydration. Kurzfristige Farbänderungen des Urins sind kein Problem, wenn man das Trinkverhalten anpasst. Nur dauerhafte Änderungen über mehrere Tage sollten vermieden werden.

 

Eine weitere ergänzende Methode für aktive Menschen ist die Messung des Körpergewichts vor und nach einer Sporteinheit. Bereits bei einer beginnenden Dehydration von > 1 % können erste Leistungseinbußen entstehen, ab > 2 % Gewichtsverlust bzw. Dehydration sind schnellere Ermüdung und Leistungsminderung unumgänglich (James et al., 2019). Der Gewichtsverlust inklusive der Getränkemenge zwischen den beiden Messzeitpunkten kann als Flüssigkeitsverlust definiert werden. Diesen Verlust sollte man mit dem Faktor 1,3 möglichst in den ersten ein bis drei Stunden nach dem Training noch zusätzlich zur Basismenge zuführen (Périard et al., 2021).

 

 

Elektrolyte – der vergessene Baustein für mehr Leistung

Für eine optimale Hydration und Funktionsweise aller Körperzellen sind neben einem ausbalancierten Flüssigkeitshaushalt auch die Elektrolyte – Natrium, Kalium, Magnesium und Calcium – entscheidend. Vor allem Natrium kommt hier eine Schlüsselrolle zu. Der Grund ist die Zusammensetzung des Schweißes. Pro Liter Schweiß werden ca. 0,4 bis zu 1,9 g Natrium ausgeschieden. Diese Menge ist sehr individuell und von vielen Faktoren wie Anzahl der Schweißdrüsen, Hormonstatus, Geschlecht oder der Fähigkeit zur Thermoregulation abhängig. Alle anderen Elektrolyte werden nicht im Gramm, sondern im Milligrammbereich ausgeschieden (Rivera-Brown et al., 2020).

 

Über die Ernährung können die drei Elektrolyte Kalium (z. B. in Kokosnusswasser, Datteln, Maroni, Aprikosen, Rosinen, Wassermelone, rote Beete), Calcium (z. B. in Nüssen, grünem Blattgemüse) oder Magnesium (z. B. in Nüssen, Samen, Hülsenfrüchte) meist problemlos gedeckt werden. Einzig Natrium hängt besonders vom Verarbeitungsgrad der konsumierten Lebensmittel ab. Je höher der industrielle Verarbeitungsgrad, desto mehr bis zu viel Natrium über Salz wird konsumiert. Bis zu 75 % der durchschnittlichen Salzzufuhr wird durch industriell verarbeitete Lebensmittel zugeführt (Bhat et al., 2020). Wer solche Nahrungsmittel richtigerweise so gut wie möglich meidet, dann viel schwitzt während des Trainings, kann durchaus zu wenig Natrium zuführen und sollte bewussten Fokus darauf legen.

 

Hochwertiges Salz, natriumreiche Mineralwasser oder Sportprodukte mit hohem Elektrolytgehalt können hier Abhilfe schaffen. Festzuhalten ist, dass zu wenig Natrium durchaus zu negativen gesundheitlichen und leistungstechnischen Effekten führt. Ebenso ein “zu viel” davon – was durch regelmäßigen Konsum von Fertigprodukten und zu wenig Sport entsteht.

 

Alkoholische Getränke

Alkoholische Getränke sind ein weit verbreitetes Genussmittel in der Gesellschaft. Der Alkohol ist eine der gefährlichsten Süchte, weil es in der Gesellschaft schon viel zu normal ist Alkohol zu trinken, egal zu welcher Uhrzeit oder an welchem Wochentag. Bei mehrmaligem Konsum pro Woche kann von einem Genussmittel keine Rede mehr sein. Häufig kommt es zu Situationen beim gemütlichen Beisammensein von Erwachsenen, wo Menschen, die gerne “Nein” sagen würden, aus verschiedensten Gründen sich nicht trauen.

 

Dabei gibt es keine klar belegbaren Vorteile aber eine Reihe von negativen Effekten: Suchtgefahr, potenzielle Leberschädigung, höheres Risiko für einige Krebsarten, verminderte Regenerationsfähigkeit, sowie einen negativen Einfluss auf die psychische Gesundheit und Schlafqualität. Gegen ein alkoholfreies Bier wiederum ist nach aktuellem wissenschaftlichen Stand nichts einzuwenden und es kann ein guter Kompromiss sein, um mit Freund*innen anzustoßen.

 

Ist Kaffee & Koffein das gleiche?

Nein, Koffein ist einer der bekanntesten Hauptinhaltstoffe der Kaffeebohne, aber auch ein Inhaltsstoff in Grün- oder Schwarztee. Studien zeigen, dass man durch regelmäßigen Koffeinkonsum (< 400 – 600 mg pro Tag) in keine Abhängigkeit kommt.

 

Zu erwähnen sind aber auch die Effekte von Koffein, die sich je nach persönlicher Situation als positiv oder negativ auswirken können, wie z. B. der stark eisenhemmende Effekt bei der Aufnahme und auch im Eisenstoffwechsel selbst (Zolea et al., 2016). In einer akut entzündlichen Situation vorteilhaft, ansonsten negativ, da es z. B. den Eisenhaushalt dysreguliert (Boettler et al., 2011). Vor allem bei Frauen und Ausdauersportlerinnen kommt ein (latenter) Eisenmangel überdurchschnittlich häufiger vor, deshalb ist der sensible Umgang mit Koffein/Kaffee noch entscheidender. Auch der Einfluss auf den Fettstoffwechsel oder andere anabole Prozesse wirkt sich je nach Situation positiv oder negativ aus (Farias-Pereira et al., 2019). Dies gilt für alle koffeinhaltigen Getränke. 

 

Kaffee mehrmals täglich konsumiert, kann über andere Wirkmechanismen noch weitere, teils negative Effekte auf den Energiehaushalt und die Regenerationsfähigkeit haben. Röstaromen im Kaffee (wie auch z. B. bei gegrilltem Fleisch) haben einen dysregulierenden Einfluss auf verschiedenste Genfaktoren wie Nrf2, die unsere oxidativen, entzündlichen und immunologischen Prozesse steuern (Boettler et al., 2011). Wie bei jedem Lebensmittel gilt es im Selbstversuch auszuprobieren, wie viel Kaffee bzw. Koffein individuell förderlich ist. 

 

Zusammenfassend lässt sich sagen: ausreichend Wasser zu trinken ist für uns Menschen essenzieller, da ein Mangel hier schneller zu (gefährlichen) Problemen führen kann als ein Mangel an Energie oder Nährstoffen. Neben den 30 – 40 ml pro kg Körpergewicht pro Tag sollte zusätzlich jeglicher Verlust durch körperliches Training mit dem Faktor 1,3 rehydriert werden. Vor allem bei aktiven Menschen und einer gesunden Ernährung ohne viele Fertigprodukte gilt es einen besonderen Fokus auf den Elektrolythaushalt, besonders die Natriumbalance, zu legen.

 

Genussmittel sollen Genussmittel bleiben, das gilt insbesondere für alkoholische Getränke jeglicher Art, aber auch Kaffee sollte in Maßen, vielleicht nicht täglich, konsumiert werden.

 

Experte zum Thema: Martin Rinderer

 

 

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